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14.12.2016 | Die Rauhnächte stehen vor der Tür

Zwischen Weihnachten und Dreikönige ist die geheimnisvollste Zeit des Jahres: die 12 Rauhnächte lassen Göttliches und Menschliches althergebracht zusammenfliessen.

Die Bewusstheit für den Rhythmus der Natur lässt uralte Bräuche in ihrer ursprünglichsten Form aufleben: Ein Jahr bestehend aus zwölf Mondenmonaten umfasst 354 Tage. Am Ende des Jahres bleiben 11 Tage und zwölf Nächte übrig, um den Zyklus um die Sonne zu vollenden. An diesem mystischen Punkt tauche ich in die Rauhnächte – die 12 Nächte zwischen den Jahren ein. Wenn die Zeit still steht, haben wir die Möglichkeit, unsere Entschlüsse neu zu fassen.

Die Rauhnächte sind die 12 Nächte zwischen den Jahren. Genauer: zwischen dem Mondjahr, das mit zwölf Mondzyklen eine Länge von 354 hat, und dem Sonnenjahr mit seinen 365 Tagen. Jede Rauhnacht beginnt abends und geht bis zum Abend des nächsten Tages.
Das Startdatum der Rauhnächte lag traditionell auf der Wintersonnenwende am 21. Dezember. Heute werden die Rauhnächte oft auch vom 24. Dezember bis 5. Januar gefeiert. Das liegt daran, dass das Christentum die Wintersonnenwende mit dem Weihnachtsfest überlagert hat – dadurch verschob sich der Beginn der Rauhnächte vom 21. Dezember auf den 24.

Der Name: 'Rauhnächte' kommt einerseits vom Räuchern, aber auch von rauh – den wilden, haarigen Dämonen, die in diesen Nächten ihr Unwesen trieben. Die alten Germanen waren mit der Natur und mit dem Kosmos viel stärker verbunden, als wir heute. Zum Jahresübergang feierten sie die 12 geweihten Nächte auf vielfältige Art. Wobei die Wintersonnwende seit jeher als das höchste Sonnenfest galt. Sie ist die längste Nacht des Jahres und wird auch Mutternacht – althochdeutsch: 'Modranecht' genannt. In dieser Nacht gebiert die Göttin in der finsteren Erde in der stillsten aller Stunden das Sonnenkind. Diesen Mythos findet man in allen Kulturen der Welt.

Mit dem 6. Dezember begann jeweils die Vorbereitungszeit für das Julfest. Dann kam der germanische Allvater, Kriegs- und Totengott 'Odin' auf seinem Schimmel reitend mit einem Speer in der Hand des Weges und beschenkte die Kinder mit Äpfeln und Nüssen zum Trost für die Dunkelheit. 'Jul' oder 'Jol' bezeichnete die Zeit, in der die Sonne ihren tiefsten Stand wieder verlassen wird. Über das nordeuropäische Julfest wie auch zu Odin und seinem etwaigen Bezug zum 'Samichlous' findet sich viel Spannendes zur Nachlese im Web. Doch zurück zu den Rauhnächten: Sie stehen symbolisch auch für unsere Schattenseiten und dafür, dass wir Menschen nicht nur kultiviert, sondern auch wild sind. Nach uralten Überlieferungen haben in dieser Zeit die finsteren Mächte grosse Gewalt. Die Märchen, Sagen und Mythen über die 'Wilde Jagd', angeführt von Odin, Perchta (oder Frau Holle) nehmen Bezug darauf. Ausrufe wie: 'Ho, ho, ho' und 'Jolareidi' sind ebenfalls Zeitzeugen. Denn durch Lärmen und Rufen hielt man die 'Wilde Jagd' von sich fern. Auch die 'Perchtenumzüge' im bayerisch-österreichischen alpenländischen Raum oder andere dämonische Maskeraden im Dezember und Januar sorgen noch heute für einen 'Heidenlärm', mit dem sie nicht nur den Winter vertreiben. Dank der Kraft der Kirche ist und bleibt deren Bezug zu Odins Sitten aber fromm umstritten. Jedoch ist bei der Christianisierung der heidnischen Bräuche einiges geblieben: Wie etwa der Weihrauch oder das Schreckläuten der Kirchenglocken am Weihnachtsabend bis zur Mitternachtsmesse. Auch die Tradition des Schenkens: Damals beschenkte man sich gegenseitig, um im neuen Jahr Fülle und Glück zu haben. Als Symbol der Fruchtbarkeit, des Lebens und der Gesundheit wurde ein Weihnachtsbaum ins Haus geholt und mit Äpfeln, Nüssen, Lebkuchen, Gold und Lichtern geschmückt.

Die Rauhnächte sind verbunden mit Festivitäten und einer Zeit der Einkehr, um über sich nachzudenken. Gerne erinnere ich mich an diesen harmonischen Kreis von Sonnen-, Toten- und Fruchtbarkeitsriten und symbolischen Handlungen zur Neuaktivierung menschlicher und natürlicher Kräfte. Die meisten der Rauhnächte Rituale sind über die Jahrhunderte ausschliesslich mündlich überliefert worden. So wurden etwa nach alter Sitte Haus und Hof – dreimal gegen den Uhrzeigersinn durch jeden Raum – geräuchert. Zum Schutz vor der Dunkelheit und ihren dunklen Mächten stiegen dicke Rauchschwaden aus Pfannen, duftend nach: Myrrhe, Damar, Salbei oder Weihrauch auf. Die Zeit eignet sich auch zum Orakeln. Denn jede Rauhnacht (von 00:00 bis 24:00 Uhr) steht für einen Monat im Folgejahr – samt Wetter. Also: Alles aufschreiben, was sich ereignet und einem begegnet – ob wach oder träumend! Schliesslich symbolisiert diese Schwellenzeit den Übergang vom Chaos in die Ordnung, und die heiligen Nächte sind die beste Zeit für Manifestation und Transformation.

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