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Purpur Edition Blogbild Niesen

27.12.2020 | «I nimes wies chunt u las la ga»

Das Leben ist ein grosses Feld an Möglichkeiten. Dem Feld liegt immer ein Bild, ein Muster zugrunde – Gedanken zum Bewusstsein und zum neuen Jahr.

Offenheit und Leere sind ein- und dasselbe. Ein offener Geist ist also ein leerer Geist. Ein leerer Geist nimmt unmittelbar wahr und lässt jeden Eindruck ebenso wieder los. Er beurteilt nicht. Er verweilt nicht, wandert in kein Gestern und in kein Morgen – er ist nie beeindruckt. Er lässt alles, wie es sich zeigt und wie es ist. Er baut nichts auf und nichts ab. Er beginnt immer wieder neu wahrzunehmen. Jeder Moment ist für ihn gleichsam ein ein erster, ein neuer – selbstverständlich und bedeutsam. Ein offener Geist ist und bleibt Anfänger in allem. Er setzt dem nichts entgegen – kein Konstrukt, kein Konzept, kein Drama, keinen Überschwang und auch keinen Zwang.

Wie wundersam ruhig es damit in mir wäre, und wie gelassen ich mich so leer und so offen fühlte – endlich im gegenwärtigen Moment angekommen! Für uns konzeptionelle und verstandesorientierte Wesen scheint dieser Zustand der Leere und gleichzeitigen Offenheit in sich paradox und unerreichbar, also utopisch. Für viele ist das wohl so. Für alle anderen, die neue Wege gehen und alte Gedankenmuster über Board werfen wollen, bietet sich hier ein schönes, neues Übungsfeld des Vergessens und Erinnerns.

Natürlich bringen Meditation, Atemübung und Yoga dazu viele Herangehensweisen. Das hat auch mich inspiriert, und mein Üben nimmt kein Ende. Meine Katzengefährten sind für mich die grössten Lehrmeister. Kleine Kinder sind es auch. Und die Stille – die Natur. Dabei begegne ich eigenen Codes, die mich und mein System zumindest für einen kurzen Moment des Seins aus der ständigen Analyse herausbringen. So vergesse ich phasenweise tatsächlich alle Namen, sogar meinen eigenen. Weil so auf einmal das Verbinden mit Bestehendem und Erfahrenem keine Relevanz mehr hat, schaue ich rundherum und nehme WAHR.

Am Scheidepunkt zwischen altem und neuem Jahr reflektiere ich über das Sowohl-als-auch und das Weder-noch. So widersprüchlich wie die beiden ihrer Bedeutung nach sind, so synchron kommen sie trotzdem interessanterweise oft gleichzeitig vor. Davon ausgehend, dass daher stets (mindestens) ein Paradox ist und bleibt, kann ich es mit dem Be- und Verurteilen vielleicht im neuen Jahr etwas gelassener angehen.

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